Emil Julius Gumbel

Der Heidelberger Mathematiker Emil Julius Gumbel veröffentlichte 1924 die Schrift "Vier Jahre politischer Mord", in der nachgewiesen wurde, dass weitaus mehr Linke von Rechten ermordet wurden als umgekehrt, dass aber die Linken zu weitaus höheren Strafen verurteilt wurden als die Rechten: Die deutsche Justiz hatte zweierlei Maß. Gumbels Schrift änderte daran leider nichts, ihm selbst wurde schließlich auf Betreiben nationalsozialistischer Studenten die Lehrerlaubnis entzogen, er ging ins Exil. Dennoch ist der Nachweis von Ungerechtigkeit kein bloßer Kommentar zur Geschichte, sondern kann hin und wieder etwas ändern, und wäre es nur, weil ein Ungerechter ungern als solcher dasteht.

Donnerstag, 5. November 2009

Menschenrechte einerseits und andererseits

Einerseits wurde der Kosovo-Krieg als humanitäre Intervention deklariert. Die Dringlichkeit der Intervention wurde durch (mindestens) zwei Lügen gestützt, nämlich das Massaker von Racak und den Hufeisenplan, die es beide nicht gegeben hat. Es wurden erfundene Opferzahlen durch die Medien gejagt, um jeden Gegner des Kriegs als einen zynischen Appeaser dastehen zu lassen. Die meisten Todesfälle, auch bei den Albanern, gab es aber erst nach Beginn der Luftangriffe. Die "humanitäre Notlage" begründete nicht etwa einen humanitären Einsatz, sondern einen militärischen, das behauptete man aus Bosnien gelernt zu haben. Wie man Menschen im Kosovo hilft und die Lage deeskaliert, indem man Luftangriffe auf Belgrad fliegt, bleibt ein Rätsel. Trotz aller Ungereimtheiten gilt den neuen bellizistischen Grünen, der SPD, der CDU, Blairs Labour Party und der NATO der Einsatz als Musterbeispiel eines aus humanitären Gründen geführten Krieges, der die "Handlungsfähigkeit der internationalen Gemeinschaft" bezeugt.

Nehmen wir das einmal an, versuchen wir, zu glauben, dass das Gebot "zu helfen" zivile "Kollateralschäden", den Bruch des Völkerrechts und die Eroberung eines Gebiets als Protektorat rechtfertigt. Dann müsste aber noch viel zwingender sein, bedrohte Menschen als Flüchtlinge aufzunehmen. Den Verfolgten zu helfen, ohne Kollateralschäden in Kauf zu nehmen und irgendwas kaputtzubomben, das sollte von denen, die den Krieg gerechtfertigt haben, selbstverständlich anerkannt werden.

Andererseits...

Tja, als der Krieg vorbei war, begann man mit der Abschiebung der Kosovo-Albaner. Freilich, man verlängerte Duldungen und setzte die Abschiebung aus, aber abgeschoben wurde letztendlich doch, obwohl die Kosovo-Albaner nicht viel haben, in das sie zurückkehren könnten. Ein kaputtes Haus vielleicht in einem maroden Land. Für die Albaner Bomben werfen, das ist anscheinend recht, aber sie willkommen heissen, never ever.


Die Roma aus dem Kosovo hat man bisher "geduldet", mehr nicht. Dazu eine Mitteilung des Flüchtlingsrats Niedersachsen
In Folge des Krieges leben die Minderheiten in klar
abgegrenzten Gebieten oder Enklaven. Armut
und Diskriminierung gehören nach wie vor zum
Alltag. Die Arbeitslosigkeit für Roma liegt bei über
90 Prozent. Hinzu kommt der Ausschluss vom
sozialen Sicherungssystem und von ärztlicher
Behandlung. Von einem "Leben in Sicherheit und
Würde" – dieser Terminus wurde in den ersten
internationalen Abkommen zur Befriedung des
Kosovo verankert – kann keine Rede sein, und es
gibt keine Anzeichen, dass sich die Lage der
Roma in naher Zukunft verbessern wird. Im März
2004 wurden erneut mehrere Tausend Roma zur
Flucht gezwungen, als im Kosovo eine neue
Welle ethnischer Gewalt ausbrach. Bis heute
werden Roma im Kosovo ausgegrenzt und
diskriminiert (siehe hierzu u.a. den Bericht des
Menschenrechts-beauftragten der Europäischen
Kommission, Thomas Hammarberg, aus März
2009). Erst vor wenigen Wochen kam es im
Osten Kosovos erneut zu Ausschreitungen, bei
denen mehrere Roma verletzt wurden.
Etwa 23.000 der geflüchteten Roma leben
heute in Deutschland – nur mit einer Duldung.
Bis November 2008 hat die UN-Verwaltung in
Kosovo (UNMIK) Abschiebungen von Roma und
Serben in den Kosovo verhindert. Nun hat sich die
neue kosovarische Regierung unter politischem
Druck aus Deutschland und anderen europäischen
Staaten in einem "Rücknahme-Abkommen"
bereit erklärt, auch Roma-Flüchtlinge wieder
aufzunehmen.
Es ist zu befürchten, dass diese Zusage von
deutscher Seite genutzt werden wird, um alle
geduldeten Roma zu deportieren.
Das Abschiebungsabkommen betrifft auch
Menschen, die mehr als zehn Jahre in
Deutschland leben, darunter Kinder, die hier
geboren sind, und die außer Romanes nur
deutsch sprechen.

1 Kommentar:

hau hat gesagt…

Einen Apell gegen die Abschiebung von Roma-Flüchtlingen kann man hier unterzeichnen: http://www.nds-fluerat.org/keine-abschiebung-von-roma-fluechtlingen/