Emil Julius Gumbel

Der Heidelberger Mathematiker Emil Julius Gumbel veröffentlichte 1924 die Schrift "Vier Jahre politischer Mord", in der nachgewiesen wurde, dass weitaus mehr Linke von Rechten ermordet wurden als umgekehrt, dass aber die Linken zu weitaus höheren Strafen verurteilt wurden als die Rechten: Die deutsche Justiz hatte zweierlei Maß. Gumbels Schrift änderte daran leider nichts, ihm selbst wurde schließlich auf Betreiben nationalsozialistischer Studenten die Lehrerlaubnis entzogen, er ging ins Exil. Dennoch ist der Nachweis von Ungerechtigkeit kein bloßer Kommentar zur Geschichte, sondern kann hin und wieder etwas ändern, und wäre es nur, weil ein Ungerechter ungern als solcher dasteht.

Dienstag, 8. Dezember 2009

Die 'Klimaskeptiker' sind keine Skeptiker, sondern Dogmatiker

Skepsis ist eine schöne Praxis der Urteilsenthaltung, die aber wohl niemand je durchgehalten hat.

Diejenigen, die sich im Hinblick auf den anthropogenen Klimawandel 'Skeptiker' nennen, gehen meist mit starken Gegenthesen hausieren und sind darin eben keine Skeptiker. Echte Skepsis beschränkt sich darauf, diejenigen, die so viel behaupten, in Widersprüche zu verstricken, und wendet sich gegen Theorien überhaupt.

Wenn sich dagegen einer, der etwas in den Wissenschaften vielfältig Belegtes leugnet, Skeptiker nennt, so möchte er bloß vom feinen Klang der Bezeichnung profitieren. In Wahrheit kann er aber nur sagen: "Ich glaube nicht an die nach dem Stand der Wissenschaften plausibelste Behauptung und bin resistent gegen die wissenschaftlichen Argumente." Sie picken sich isolierte Statements aus der Wissenschaft, die sich nur als Ganze der Wahrheit annähern kann. Sie erkennen 'im Prinzip' Wissenschaft an, verhalten sich aber unwissenschaftlich zu deren Ergebnissen. (Es gibt dagegen wissenschaftsintern nicht wenige, die an bestimmten Aussagen, die die Mehrheit der übrigen vertritt, zweifeln und ihre Zweifel wissenschaftlich begründen. Sie ziehen allerdings nicht unter dem feinen Etikett durch die Medien, sondern veröffentlichen interessante Artikel mit langweiligen Titeln in Fachzeitschriften.)

Die, die sich als Skeptiker bezeichnen, wollen Avantgarde sein. In Wahrheit vertreten sie aber ein altes Modell gegen das durch neue Forschung belegte neue Modell. Sie nennen sich 'Kugelskeptiker', weil sie daran festhalten, die Erde sei eine Scheibe.

Um die Mehrheit der Daten ignorieren zu könne, unterstellen sie, je nachdem, Absprachen, Verschwörungen oder das finanzielle und soziale Interesse der Beteiligten. Diese Art von Unterstellung kann aber nun genau so gut auf die selbst ernannten Skeptiker zurückschlagen. Das 'corporate interest' an der Leugnung des anthropogenen Klimawandels ist gewaltig (gemessen am Umsatz etwa der Mineralölkonzerne). Die finanzielle Unterstützung von 'Skepsis'-Kampagnen wurde immer mal wieder nachgewiesen. Unter den Multiplikatoren der Nachricht vom 'Climategate' können auch Söldner sein. So etwas ist aber eine Unterstellung und kein Argument. Argumente müssen sich auf die Sache beziehen, das tun sie aber selten, allein schon weil 'die Sache' zu kompliziert ist. Welcher unter den so genannten Skeptikern hat überhaupt einen Begriff vom statistischen Problem, die Oberflächentemperaturen auf der Erde zu verschiedenen Zeiten zu schätzen?

Sie nennen ihre Gegner 'Dogmatiker', wie es sich für Skeptiker gehören würde. Nur sind sie eben selbst Dogmatiker, denn sie stützen andere Behauptungen. Und man kann sagen: Wer Behauptungen gegen besonders viel Evidenz stützt, ist ein besonders großer Dogmatiker. Da die Wissenschaft sich irren kann, können solche Dogmatiker manchmal gegen die Wissenschaft Recht behalten. Das macht deren Verhalten allerdings nicht zu einem vernünftigen.

Es scheint aber so zu sein, dass dieses Mal kaum ein seriöses Medium auf diese Skepsis-Masche hereinfällt. Und vielleicht klappt ja irgendwas in Kopenhagen.