Emil Julius Gumbel

Der Heidelberger Mathematiker Emil Julius Gumbel veröffentlichte 1924 die Schrift "Vier Jahre politischer Mord", in der nachgewiesen wurde, dass weitaus mehr Linke von Rechten ermordet wurden als umgekehrt, dass aber die Linken zu weitaus höheren Strafen verurteilt wurden als die Rechten: Die deutsche Justiz hatte zweierlei Maß. Gumbels Schrift änderte daran leider nichts, ihm selbst wurde schließlich auf Betreiben nationalsozialistischer Studenten die Lehrerlaubnis entzogen, er ging ins Exil. Dennoch ist der Nachweis von Ungerechtigkeit kein bloßer Kommentar zur Geschichte, sondern kann hin und wieder etwas ändern, und wäre es nur, weil ein Ungerechter ungern als solcher dasteht.

Samstag, 30. März 2013

Wer ist Populist?

Der verstorbene Präsident eines lateinamerikanischen Landes, der die Erdöleinnahmen, die zuvor in die Taschen einer kleinen einheimischen Elite und ausländischer Investoren geflossen waren, nachweislich zur Verbesserung von Infrastruktur, Bildungs-, Gesundheits- und Sozialsystem verwendet und die Bedingungen des ärmeren Teils der Bevölkerung verbessert hat, wurde in fast allen Nachrufen als 'Populist' bezeichnet. Weil er ja im Fernsehen so viel geredet hat.

Ein zum Papst gewählter lateinamerikanischer Bischof, der ebensowenig durch übergroße Nähe zur Befreiungstheologie wie durch übergroße Ferne zur Miltärdiktatur aufgefallen ist, der zwar für die Armen einige Worte gefunden hat, (aber als Papst kaum einen  Bruchteil dessen vermögen wird, was besagter Präsident getan hat); der überall die Austerität seines Lebensstils zu Schau trägt und vorgestern irgendwelche jugendlichen Strafgefangenen öffentlich die Füße geküsst hat: Der ist kein Populist, sondern "der Papst der Armen", und zwar in fast allen Medien. Weil er sich ja zu den Armen bückt.

Armut beseitigen ist ja allemal verdächtiger als dem Elend, gegen dessen Existenz man wenig tut, Wolldecken, Zuckerwasser und göttlichen Segen bringen.

Ja, Sapperlot, blöder geht's nimmer.