Emil Julius Gumbel

Der Heidelberger Mathematiker Emil Julius Gumbel veröffentlichte 1924 die Schrift "Vier Jahre politischer Mord", in der nachgewiesen wurde, dass weitaus mehr Linke von Rechten ermordet wurden als umgekehrt, dass aber die Linken zu weitaus höheren Strafen verurteilt wurden als die Rechten: Die deutsche Justiz hatte zweierlei Maß. Gumbels Schrift änderte daran leider nichts, ihm selbst wurde schließlich auf Betreiben nationalsozialistischer Studenten die Lehrerlaubnis entzogen, er ging ins Exil. Dennoch ist der Nachweis von Ungerechtigkeit kein bloßer Kommentar zur Geschichte, sondern kann hin und wieder etwas ändern, und wäre es nur, weil ein Ungerechter ungern als solcher dasteht.

Donnerstag, 30. September 2010

Quelle honte - what a shame

-Ach, wie gut wie gut wir doch sind!

(Beifall.)

-Wir haben...

(Zurufe "Hört, hört!", noch mehr Beifall.)

-...aus der dunklen Epoche...

(Ein fröhlicher Schein geht durch die Menge, als sie die Formulierung wiedererkennt.)

-...unserer Geschichte gelernt: Nie wieder!

(Nicht enden wollender Beifall.)


Während die schöne Gedenkfeier von statten geht, verschafft sich die Polizei Zutritt zur Wohnung einer Roma-Familie aus dem Kosovo, um selbige abzuschieben. In einigen Monaten wird irgendwer eine Notunterkunft bei Pristina anzünden. Das hat man nicht wissen können.

Au même temps, au pays des droits de l'homme, Sarkozy fait expulser des Roms roumains et bulgares. On s'en fout pas mal des droits des citoyens de l'UE, sans parler des droits de l'homme.


Heuchelei ist nicht die verwerflichste aller Verhaltensweisen, aber die
ekelerregendste. Nie wieder was eigentlich?


Die Sinti und Roma wurden seit ihrer Ankunft in Europa immer wieder diffamiert, schikaniert, kontrolliert und ermordet. Unter dem Nationalsozialismus erreichte nicht nur die Judenverfolgung, sondern auch die der Sinti und Roma ihren Höhepunkt. Die 'Zigeuner' standen im Unterschied zum Antisemitismus nicht im Zentrum der NS-Ideologie. Dennoch wurden die 'Rassengesetze' gleichermaßen gegen sie wie gegen Juden angewendet, dennoch wurden viele Sinti und Roma in Konzentrationslagern ermordet. Die faschistischen Verbündeten Deutschlands taten ein gleiches. Im kroatischen Konzentrationslager Jasenovac sollen 25000 bis 50000 Roma ermordet worden sein. (Für all dies siehe etwa M. Zimmermann: Rassenutopie und Genozid. Hamburg 1996.)

Nach dem zweiten Weltkrieg konnten die Deutschen zwar nicht umhin, die an den Juden Europas begangenen Verbrechen einzugestehen, mit der Aufarbeitung beeilten sie sich aber durchaus nicht. Die Bundesrepublik beschäftigte wichtige Nazis in hohen Staatsämtern, auf den Auschwitzprozess musste man bis in die 60er Jahre warten. Der Mord an den Juden war aber doch unhintergehbar ins Bewusstsein getreten, so dass Antisemitismus in der Bundesrepublik nicht salonfähig war. (Die verbliebenen Antisemiten verlegten sich überwiegend auf privates Tuscheln.)

Der Völkermord an den Sinti und Roma ist noch immer nicht ins allgemeine Bewusstsein gelangt. Im Bundeskriminalamt waren seine Akteure noch bis zu ihrer Pensionierung tätig, auch die so genannte "Kriminalbiologie", die "Zigeuner" als erblich kriminell einstufte, wurde noch bis Anfang der 80er Jahre gelehrt. Das Eingeständnis eines Verbrechens machte es wohl leichter, andere Verbrechen zu rechtfertigen. Nach dem Kriege wurden die meisten Wiedergutmachungsansprüche abgelehnt mit der Begründung, es habe sich nicht um Rassismus, sondern um ganz normale Kriminalitätsbekämpfung gehandelt. Erst Anfang der 80er Jahre wurde seitens der Bundesregierung der Völkermord an den Sinti und Roma anerkannt. Und heuer, anno 2010, regt sich nicht besonders viel Widerstand, wenn Roma ins Kosovo abgeschoben werden.

Bis heute werden 'Zigeuner' in Europa vorwiegend als problematische Gruppe 'potentieller Straftäter' wahrgenommen. Darauf kann sich ein Sarkozy verlassen, der bei aller Kritik auch viel Beifall erntet. Historisch sind Sinti und Roma Opfer zweiter Klasse, das ist bis auf weiteres eben so. Man mag natürlich auch sagen, dass Verbrechen der Vergangenheit nicht zu besonderer, über die gewöhnlichen Rechte hinausgehender Freundlichkeit zu den Opfergruppen verpflichten. Das Gegenteil ist aber im Hinblick auf die Juden mit guten Gründen Konsens; für Sinti und Roma wird allerdings keine besondere Verpflichtung anerkannt: Und fröhlich schiebt Europa ab, den Verträgen gemäß, in bester Ordnung.

In meinem Haus lebt eine Roma-Familie aus Rumänien. Vor einigen Wochen sagte der Hausmeister "Morgen versuchen wir, die Zigeuner rauszuschmeißen." Und richtig erschien am nächsten Tag der Besitzer mit zwei Gehilfen, um eine Räumungsklage in unzulässiger Selbsthilfe durchzusetzen und die Roma rauszuschmeißen. Er wollte nämlich die Kosten für den Gerichtsvollzieher sparen. Ein zufällig anwesender befreundeter Jurist konnte diese Selbsthilfe abwenden, für alles andere war es schon zu spät. Der Räumungsbeschluss war rechtskräftig, da die Familie alle Einspruchsfristen versäumt hatte. Pech? Selbst schuld? (Ja und nein.)

Die Familie war bereit, ihre Mietrückstände zu zahlen, doch ließ sich der Vermieter auf keine Erneuerung des Vertrages mehr ein. Eine Wertsteigerung seiner Immobilie ist zu erwarten, zumal sie am Rand des Teiles von Nordneukölln liegt, der allmählich schick wird. - Das bedeutet, eine Familie mit kleinen Kindern und einer kranken Mutter buchstäblich auf die Straße zu setzen, der dann vermutlich nur Obdachlosigkeit oder 'Rückreise' bleibt, und zwar in ein Land, in dem alle außer Roma was gegen Roma haben. Da Roma in Rumänien nicht 'politisch verfolgt' sind, können sie auch kein Asyl beantragen. Und obwohl sie Bürger der EU sind, können sie bis 2014 so behandelt werden, als wären sie es nicht. Es spielt keine Rolle, dass Roma tatsächlich in ganz Osteuropa und Südosteuropa 'sozial verfolgt' und immer wieder Opfer von Gewalt sind und die Regierungen dagegen nicht viel tun, wenn sie nicht gar selbst mit Ressentiments gegen Roma auf Stimmenfang gehen. Es handelt sich um systematische Diskriminierung, aber solange diese nicht als 'politische Verfolgung' eingestuft wird, verpflichtet sie zu nichts.

Haben wir nicht selbst schon genug soziale Problem? - Gewiss, wir haben auch viel eigene Armut. Kommts dann noch auf die Roma an? Dieses Land ist, auch wenn allenthalben über ein 'unfinanzierbares' Sozialsystem geklagt, weiterhin eines der Reichsten und reich genug, seinen eigenen Bürgern und Flüchtlingen ein Auskommen zu ermöglichen. Die grundsätzlichen Mängel unseres Arbeitsmarktes betreffen ja die einen wie die anderen. Und sich fein darauf rauszureden, dass man den Rumänen bis 2014 keine Arbeitserlaubnis geben muss, ist erstens eine Aufforderung zur Schwarzarbeit und zweitens eine Schikane für die, die schon hier sind.

Was schreiben unsere sich für liberal haltenden Neocons von der 'Achse des Guten' über dieses Thema? Nun, Richard Wagner schreibt


Man kann durchaus berechtigt über die Roma in Rumänien behaupten, sie seien diskriminiert, das aber könnte man in der gleichen Weise auch von der Banlieue-Bevölkerung in Frankreich sagen. Käme aber jemand auf die Idee, diesen Franzosen in Berlin ein Aufenthaltsrecht zu geben? Nein.

In der Romafrage wird gerne moralisiert. Die von den Papiertigern der NGO’s auf den Weg gebrachte Thematik hat gute Chancen zur Chefsache in der europäischen Moralzentrale zu werden. Das Gutmenschentum, das hauptamtliche wie das ehrenamtliche, betreibt die moralische Landnahme. Nichts gegen die Arbeit, die viele Verbände vor Ort leisten, trotzdem aber muss man Einspruch gegen die Art und Weise erheben, wie manche Leute, Helfer und Experten zugleich, die Romafrage moralisieren, ja geradezu inszenieren, um die Aufmerksamkeit der Politik zu erzwingen. Nur für die Roma oder auch für sich selbst?

Danke, R. W., dass Sie mir und jedem anderen, der ein moralisches Problem, das ohnehin besteht, beim Namen nennt, 'Gutmenschentum' und Wichtigtuerei vorwerfen. Ihnen wiederum ist Bösmenschentum und gleichermaßen Wichtigtuerei vorzuwerfen, denn Ihre eigentlich immer ähnlichen Textchen, die außer ein bisschen Rumhacken völlig ideenfrei sind, werden ja anscheinend nur deshalb publiziert, weil sie von dero Importanz verfasst wurden.

Schwamm drüber, R. W., es hält sich halt jeder für wichtig. Sollten Sie irgendwann einmal blind, verarmt und leprös an meine Tür klopfen, werde ich sogar für sie noch einen verschimmelten Joghurt erübrigen. Ich wünsche Ihnen durchaus nicht, blind, verarmt und leprös zu enden. Hübsch fände ich es aber, sie wachten auf und wären, wenn nicht in einen Käfer, so doch in einen rumänischen Zigeuner verwandelt. Dann könnten Sie ja mal prüfen, ob Ihre Behauptungen stimmen:

Dass viele der Roma in Berlin bleiben möchten, hat mehr mit dem Sozialgefälle innerhalb der EU zu tun als mit einer Verfolgung in Rumänien. Dort gibt es zwar eine ausgeprägte Anti-Roma-Rhetorik, einen oft ungehemmten Verbalrassismus, aber die Pogromstimmung, die man in unserer Öffentlichkeit in regelmäßigen Abständen zu berichten weiß, ist so nicht vorhanden. Man kann die Bukarester Diskussionen über die Bezeichnung der Roma als Zigeuner für geschmacklos halten, letzten Endes aber haben sie auch damit zu tun, dass die rumänische Gesellschaft noch nicht durch die Schule des politisch Korrekten gegangen ist.

'N bisschen Verbalrassismus... Sie würden sicher auch sagen, dass sich Juden in einem Land, in dem alle bishin zur Regierung behaupten, 'die Juden seien unser Unglück', Ungeziefer, o. ä. wohlfühlen sollen? Würden Sie nicht? Würden Sie bestimmt nicht, weil die Achse des Guten unter den Antirassisten genau die Anti-Antisemiten nicht als Gutmenschen beschimpft, warum auch immer. - Außerdem geht die Praxis, Roma keine Arbeit zu geben, über Verbalrassismus hinaus. Es gab auch schon eine Rüge der EU für die Lage der Roma, aber R. W. weiß es besser. Und wenn ab und an ein paar Zigeuner aus Rassismus erschlagen werden, dann ist das noch keine 'Pogromstimmung'. Wünsche, wohl zu ruhen.

Ja, es wär schön, Sie wachten als Rom auf, irgendwo in Tirgu Mures, neben anderen Roma, und würden sich dann notgedrungen mit diesen zusammen durchschlagen, vielleicht nach Deutschland, und dann im Görlitzer Park campieren. Und dann schriebe man

Ein Gemeinwesen kann nur erfolgreich bestehen, wenn die, die sich ihm angeschlossen haben, sich an die vereinbarten Spielregeln halten, also die Geschäftsgrundlage berücksichtigen. Die Roma, jene, von denen hier die Rede ist, sind Spieler, die die Regeln ignorieren. Sie konstituieren sich zur Gruppe, um damit ein Individualrecht zu erwerben, das ihnen als einzelnen Personen so nicht zustehen würde.

Das ist, kurz gesagt, die Statusfrage um die Roma aus Rumänien, die im Berliner Görlitzer Park kampierten und die auf jeden Fall in Berlin bleiben wollen. Viele Menschen möchten in Berlin bleiben. Und es ist in der Regel ja auch möglich. Und zwar für den Einzelnen, für die Person, nicht für die Gruppe.

Für den einzelnen Rumänen, der nicht gerade Arzt oder Ingenieur ist, allerdings nicht. Als Gruppe werden die Roma schikaniert, als einzelne sollen sie sich in ihren Ansprüchen verstehen - die ihnen sang- und klanglos verwehrt werden. Sich als Gruppe zu beschweren, wäre demnach ein Verstoß gegen Spielregeln. Geht's noch? ('Wir sind Juden aus Deutschland und möchten einwandern'. 'Aber nicht doch, Sie sind lauter Individuen, die leider-leider kein Visum bekommen können.' Diese wagnereske Antwort erhielten ja 1933-45 viele Juden, woran man ersieht, wie weit es mit der Logik des R. W. her ist. Die Roma Südosteuropas sind zwar heute keinen damit vergleichbaren Verfolgungen ausgesetzt, dennoch trifft sie Diskriminierung als Angehörige einer Gruppe.)



R. W. fühlt sich anscheinend wohl, wenn er, eine Mehrheit und die staatliche Praxis hinter sich, gegen eine Minderheit schreibt, die sich für eine Minderheit einsetzt. Ein Büttel.

Montag, 27. September 2010

Sarrazin doch erwähnen, II

In den Printmedien wechseln sich Unterstützung und Kritik von Sarrazins Thesen noch ab; in den Internetforen herrschen ein Meinungsbild und ein Diskussionsverhalten vor, die nicht als 'Mob' zu bezeichnen schwer fällt. Die von Sarrazin falsch erklärten und schlecht verstandenen statistischen Zusammenhängen bieten nun allen, die aus reinem Ressentiment gegen Türken oder Moslems sind. die Gelegenheit, zu behaupten "Aber es ist doch Fakt, dass...".

Selbstverständlich gibt es im Netz auch viele fundierte Kritiken mit jeweils wenigen Lesern - denn der praktizierende Rassist sucht ja Belege für das, was er ohnehin zu wissen glaubt, und liest nichts anderes. Wer an die Aufklärung glauben mag, der sieht in der Massenkommunikation vor allem den Sieg des lautesten Gebrülls. Die viel beschworene Vielfalt des Internets führt bei polemischen Fragen gerade nicht dazu, dass sich Wahrheiten durchsetzen. Es ist dennoch nicht richtig, Irrtümer und Gemeinheiten unkommentiert stehen zu lassen, auch wenn die Kommentare nichts bewirken. Das Geschäft des Geistes ist langsam, große Irrtümer gehen erst mit ihren Trägern unter. Solange eine Abwertung von eingewanderten Minderheiten nicht nur salonfähig, sondern üblich ist, werden auch Parteien diese Ressentiments bedienen. Ich hätte zwar gehofft, Deutschland hätte aus der Geschichte seiner u. a. rassistischen Verbrechen mehr gelernt, aber das war eine eitle Hoffnung. Es kann einen wirklich grausen vor den Debatten der Amazon-Kunden oder auch der FAZ-Leser. Wenn türkischstämmige Mitbürger die Zeitung aufschlagen oder im Internet lesen, bleibt ihnen nur der Schluss, sie seien hier 'nicht willkommen' - mögen sie auch hier geboren sein. Einige Kommentare sind auf den ersten Blick weniger rassistisch: 'Es gehe halt um Gruppen, die ökonomisch untragbar sein, ob nun deutsche Unterschichten oder türkische. Fakt sei...' Wer glaubt, dass diese Art der Abwertung und Pauschalisierung besser sei, irrt meines Erachtens. Es ist bei allem 'Fakt ist...' eine Hetze, die stets vergisst, dass, wer Probleme verursacht, meist auch welche hat. Wenn staatliches Handeln zur Lösung beider Arten von Problemen beitragen kann, umso besser. Es verstößt aber gegen die gute Sitte, wenn derlei im Modus der 'Maßnahme' gegen die missliebigen Gruppen aufgefasst wird, mit "Härte" (Merkel) oder "Strenge" (Gabriel). Gabriel zeigt in seinen Äußerungen die nun schon seit langem aktenkundige Charakterschwäche der SPD-Führung. Zwar wendet man sich gegen Sarrazin, will aber dann doch angesichts der Meinungsumfragen selbst einiges in dieser Richtung sagen, um nicht diejenigen SPD-Wähler zu brüskieren, die glauben, dass die Ausländer unser Unglück sind.

Diejenigen, die mit ihrem "Fakt ist..." auf die Türken/Muslime/etc. zeigen, haben die Bedeutung der statistischen Fakten ebensowenig verstanden wie Sarrazin. Dessen Fehlinterpretation der Größe 'heritability' (die auf 1. Unbildung, 2. mäßige Intelligenz, 3. bösen Willen, 4. Faulheit schließen lässt) habe ich bereits in einem früheren Beitrag skizzenhaft aufgezeigt. Eine genauere Analyse (von Volker Eichener) findet sich hier.
Eichener weist insbesondere auf ein weiteres "Faktum" hin: Unter guten ökonomischen und sozialen Bedingungen, die die Entwicklung der eigenen Fähigkeiten erlauben, ist die Korrelation zwischen der Intelligenz der Eltern und der der Kinder viel größer als unter schlechten. Also kommt auch mit STATISTIK nichts anderes heraus, als der ANSTAND geboten hätte: Jedem die bestmögliche Förderung zukommen zu lassen.

Und, weil man es nicht oft genug sagen kann:

Auch für Menschen, die ein statistisches Intelligenzmaß für eher dumm erklärt, muss es ein würdiges Leben geben können. Auch wäre ein anständige Dummer weit besser als ein kluger Böser. Die "Fakt ist..."-Kommentare im Internet sind sowohl merkwürdig dumm als auch böse. Denen ist mein türkischer Gemüsehändler in beiden Hinsichten über.


p.s. Der Kulturkampf gegen die deutschen Türken/Muslime wird an verschiedenen Fronten geführt. Der Jurist Karl Doehring schrieb vor wenigen Tagen in der FAZ, der Islam sei nun einmal nicht grundgesetzkonform, deswegen gehöre auch kein Islamunterricht an die Schulen. (Nicht grundgesetzkonformen Auslegungen des Christentums bin ich auch schon begegnet.) Es geht Doehring nicht um Straftaten, denn um die kümmert sich die Justiz ohnehin, sondern um den Geist des Grundgesetzes, dem der 'Islam' widerspreche. Doehring ist damit weit weg vom liberalen Rechtsstaat und recht nah an Carl Schmitt. Die Debatten zeigen zum Beispiel, dass ein großer Teil der deutschen Bevölkerung - darunter auch Christen - in Fragen der Gleichbehandlung nicht dem "Geist des Grundgesetzes" entspricht. Solange sie aber keine Straftaten begehen, dürfen sie das eben. Man kann die Händer über'm Kopf zusammenschlagen, aber mehr nicht.

Patrick Bahners hat kürzlich in der FAZ das neueste Buch Alice Schwarzers kommentiert, in dem diese im Namen des Feminismus gegen den Islam mobil macht, Sarkozys 'Härte' lobt und sich in siegreichem Gestus endgültig vom Minderheitenschutz verabschiedet. Bahners' lesenswerter Kommentar findet sich hier. (Bahners lässt inmitten von so viel Getöse hoffen, dass Toleranz und Humanismus dem Bildungsbürgertum noch nicht völlig abhanden gekommen sind.)