Wolfgang Engler schreibt im Freitag vom 20. August 2009
„Seit der [Peter Hartz] vor Gericht stand und als Lügenbaron galt, den das falsche Versprechen eingeholt hatte, die Arbeitslosenzahlen binnen zweier Jahre zu halbieren, verlor er seinen Platz in der sozialdemokratischen Ehrengalerie. Nicht so die große Wende, die er mehr als nur einfädeln half: die Unterwerfung der Masse der Arbeiter und Angestellten unter eine rein angebotsorientierte Beschäftigungspolitik. Mit seinen „Reformen“ senkte Hartz die Schwellen zumutbarer Arbeit so weit, dass die Ablehnung selbst unwürdiger Formen der Lohnarbeit die nackte Existenz in Frage stellte, und er tat dies zum ausdrücklichen Wohlgefallen der Parteiführung. Eine wahrhaft verrückte Partnerschaft für eine um die Arbeitnehmerschaft herum gebaute Volkspartei; offenes Geheimnis ihres Ansehensverlustes; Startsignal für eine gesamtdeutsche Linkspartei.
Hier müsste die Fehlersuche ansetzen, um zu der Ansicht vorzudringen, dass nichts von dem, was seinerzeit erdacht und beschlossen wurde, alternativlos war. Stattdessen beglückte der Kanzlerkandidat der SPD mit dem verzweifelten Versprechen, die Arbeitslosigkeit im Verlauf der nächsten Dekade zu besiegen; eine Neuauflage der Vollbeschäftigungslüge statt der dringend notwendigen Revision des geistigen Inventars. Dem Kandidaten vorzuwerfen, dass er dem Wahlvolk eine Langzeitperspektive präsentiert, hieße den Kleinmut, der Politiker nur allzuoft befällt, wenn von der Zukunft die Rede ist, zur Norm erheben. Der Vorwurf zielt allein aufs Konkrete der „Vision“. Sie erhebt Erwerbsarbeit zur einzigen Garantie gesellschaftlicher Teilhabe. Die Rede von der Vollbeschäftigung dient als Alibi, um von den Alternativen, einem Grundeinkommen beispielsweise, schweigen zu können [...]“
Diese Ausführungen wären um einen wichtigen Aspekt zu ergänzen. Gerade unter der rot-grünen Koalition und durch ihre Reformen ist der Anteil „prekärer Arbeit“ enorm gestiegen. Es gibt Millionen, die zwar in Lohnarbeit stehen, aber dennoch von einer wahrhaften „gesellschaftlichen Teilhabe“ weit entfernt sind. An anderer Stelle redet die SPD zwar von Mindestlöhnen und davon, dass man von seiner Arbeit solle leben können, aber das kann man nach ihren Handlungen in den letzten Regierungen auch alles nicht mehr ernst nehmen. Trauen könnte man ihr allenfalls dann wieder, wenn sie reinen Tisch machen würde und zugeben, dass ihre Politik die Lohnabhängigen verraten hat. So aber signalisiert alles: weiter wie bisher.
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