Ein am 29. August 2008 von Thomas Roth mit Vladimir Putin für die ARD geführtes Interview wurde in einer stark gekürzten Version ausgestrahlt. Diese gekürzte Version steht auch als
Transskript auf den Seiten der ARD zur Verfügung. Nachdem russische Sender dasselbe Interview teilweise in voller Länge ausgestrahlt hatten und ein Transskript des vollen Interviews zu zirkulieren begonnen hatte, erreichten viele Proteste die ARD, die sich anschließend entschloss, das volle Transskript ebenfalls zu veröffentlichen, sowie das volle Interview - allerdings zu einer unmöglichen Zeit - auszustrahlen.
Einerseits kann man der ARD nicht vorwerfen, Geheimniskrämerei zu treiben: Das Interview wurde den russischen Sendern zur Verfügung gestellt, und damit ging man auch das Risiko ein, dass es jemandem nicht passt, wie das Interview geschnitten wurde.
Andererseits ist die zur besten Zeit ausgestrahlte geschnittene Version doch bedauerlich entstellt, da genau die hier beklagte Einseitigkeit der westlichen Medien wieder die Schere geführt zu haben schent. Der fiel zum Beispiel zum Opfer, dass Georgien angefangen hat. Und dass die USA Georgien iaufgerüstet haben. Und dass sich ein Vergleich mit dem Kosovo durchaus ziehen lässt. Und nicht zuletzt die Einseitigkeit der westlichen Medien, von der Putin mit Recht spricht. Ein Ausschnitt der Wahrheit hat nun einmal etwas von einer Lüge. Es ist die klügere Variante der Lüge, da sie eben nur das Falsche suggeriert, ohne selbst falsch zu sein. Das kann man leicht abstreiten, wenn man ein Dunkelmann ist, aber es ist nun einmal so.
Da sich beide Versionen lesen lassen, judge for yourselves.
Wer zweierlei Maß auf einerlei Gegenstände anwendet kann noch jede Ungerechtigkeit rechtfertigen und jedes Feindbild stützen. Ein Maß für unsere Freunde, ein anderes für unsere Feinde. Hier sollen einige Fälle von "zweierlei Maß" dokumentiert werden, ein Wasserträgerdienst an der Gerechtigkeit als wirksamer Idee, auf die sich sogar die verpflichten, die sich an ihr vergehen.
Emil Julius Gumbel
Der Heidelberger Mathematiker Emil Julius Gumbel veröffentlichte 1924 die Schrift "Vier Jahre politischer Mord", in der nachgewiesen wurde, dass weitaus mehr Linke von Rechten ermordet wurden als umgekehrt, dass aber die Linken zu weitaus höheren Strafen verurteilt wurden als die Rechten: Die deutsche Justiz hatte zweierlei Maß. Gumbels Schrift änderte daran leider nichts, ihm selbst wurde schließlich auf Betreiben nationalsozialistischer Studenten die Lehrerlaubnis entzogen, er ging ins Exil. Dennoch ist der Nachweis von Ungerechtigkeit kein bloßer Kommentar zur Geschichte, sondern kann hin und wieder etwas ändern, und wäre es nur, weil ein Ungerechter ungern als solcher dasteht.
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